Glühbirne

Fragen des GA zur Schulschwimm-Situation in Godesberg und (ausführliche) Antworten der SSP

Der folgende Text enthält Antworten, die wir in leicht veränderter Form auf Rückfrage des Generalanzeigers gegeben haben, der am 7.6.2019 einen Artikel zu unserer “Stellungnahme zur Bürgerbeteiligung zur Bonner Bäderlandschaft” verfasst hat. Da der Artikel selbstverständlich nicht alle Aspekte aufgreifen konnte, veröffentlichen wir hier den Text, den wir zur Erläuterung verschickt haben.

Zur Erinnerung: Wir, als Stadtschulpflegschaft, beschränken uns im Thema auf das Schulschwimmen. Zu Fragen von “Familien- und Spaßbädern” beziehen wir keine Stellung, wenngleich wir als Eltern und Bonner Bürger auch dazu selbstverständlich eigene Meinungen haben.

In Zusammenhang mit diesem Artikel möchten wir noch einmal auf die Petition hinweisen, die die Schließung von Bädern betrifft (vgl. https://www.dlrg.de/rettet-die-baeder.html )

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GA: Wie stellt sich die Schulschwimmsituation in Bad Godesberg aus Sicht der Stadtschulpflegschaft dar?

Die Schulschwimmsituation in Bad Godesberg ist schon längere Zeit besonders schwierig. Durch die Schließung des Kurfürstenbades und den Ausfall des Konrad-Adenauer-Gymnasium (KAG)-Schwimmbades wurden die Möglichkeiten im Schulschwimen für die Schulen deutlich reduziert.

Der SSP fehlen leider, trotz regelmäßiger Nachfrage gefordert, vollständige und von der Verwaltung bestätigte Angaben (z.B. Belegungspläne aller Bäder für alle Schulen bzw. der Erfüllungsgrad der mit der Bezirksregierung abgestimmten Sollstundenzahl je Schule) so dass konkrete Zahlen nach wie vor nicht genannt werden können.

Vor kurzem gab es die lobend erwähnten Regionalrunden für ganz Bonn – auch für Bad Godesberg. D.h. es gab Gespräche mit allen Schulen und abgestimmte Verteilungen der Bahnstunden, mit denen für das Schuljahr 2019/2020 die Schwimmbadkapazitäten besser genutzt werden sollen. Es gibt vom Sport- und Bäderamt eine Präsentation zur Regionalrunde Bad Godesberg aus der man die konkreten (SOLL-)Bedarfe der einzelnen Schulen entnehmen kann. Die abgestimmten IST-Stunden, als Ergebnis der Regionalrunden, liegen uns noch nicht vor, welche für die Planung der Schulen allerdings dringlich sind. Herr Günther vom Sport- und Bäderamt hatte den Schulen und uns die Übersichten als Ergebnis der Regionalrunden zugesagt, sobald die Auswertung erfolgt sei. Wir warten dringend darauf. Anschließend würde uns noch fehlen, in wie weit die Schulen diese Stunden dann tatsächlich genutzt haben. Für so etwas liegen uns (der Stadt?) überhaupt keine Zahlen vor.

In Bad Godesberg stehen nun seit Längerem nur die Bodelschwinghschule (Lehrschwimmbecken), das „Friesi“ (mit Halle) und für die Zeit von Juni bis Mitte Juli (Freibadsaison in der Schulzeit) „Friesi“ und „Rüngsi“ als Freibäder für das Schulschwimmen zur Verfügung. Einige Godesberger Schulen müssen daher Transportwege ins Frankenbad oder nach Berkum in Kauf nehmen. Dadurch ergeben sich teilweise für 2 Unterrichtsstunden nur sehr geringe Wasserzeiten – zu geringe. Es gibt Schulen, die wegen des zu hohen Aufwands  bzw. unrealistischer Bedingungen die Sollvorgaben deutlich verfehlen … ( * s. Fußnote)

Vor dem Hintergrund, dass es laut DRLG einen Anstieg der Ertrunkenen zwischen 2017 und 2018 um 20 % gab [vgl. Ertrinkungs-Statistik des DLRG ] und heute mehr als die Hälfte der Grundschüler nicht richtig schwimmen können [vgl. Forsa-Umfrage der DLRG], finden auch wir die aktuelle Situation alarmierend. Es geht um Menschenleben und nicht um “Sonderwünsche” oder “Fragen des Geldes” oder Sätze wie “da sollen sich die Eltern mal lieber drum kümmern” … Jeder Schritt in die richtige Richtung ist ein guter Schritt! Dass es immer schwieriger wird, Bademeister zu finden, hat ja möglicherweise auch damit zu tun, dass (echtes) Schwimmen einfach nicht mehr präsent ist.

GA: Wo liegen Ihrer Meinung nach die Probleme – neben der notwendigen Sanierung des Bades im KAG?

Eines der größten Probleme ist der mangelnde Informationsfluss mit konkreten Fakten und Zahlen – das unmittelbare eingebunden sein in die Prozesse. Schulen planen sehr konkret und müssen teilweise viele Aspekte berücksichtigen, die bei der Planung der Stunden für’s Schulschwimmen heute kaum berücksichtigt werden (können). Das haben auch die Regionalrunden deutlich gezeigt. Dennoch war dieser ganze Prozess SEHR hilfreich – daher unser Lob, das es so etwas endlich gegeben hat. Die Auswirkungen dieser Runden lassen aber noch auf sich warten.

Bis zu dem Bürgerentscheid gegen das Wasserlandbad hat die Stadtverwaltung mit Schulaufsicht, SSP, SSB, DLRG und Schulvertreter*innen in einem Arbeitskreis sehr konstruktiv und kreativ Optimierungslösungen für das Schulschwimmen erarbeitet. Seit September 2018 hat dieser Arbeitskreis nicht mehr getagt. Über die Gründe möchten wir nicht spekulieren, auch wenn wir das ein oder andere wahrnehmen… Auch deshalb hat die SSP sich jetzt im Rahmen des Bürgerbeteiligungsverfahrens wieder zu Wort gemeldet, damit der bisherige konstruktive Weg weiter gegangen werden kann und allen Beteiligten klar ist, um was es geht. Der Bedarf an diesem Arbeitskreis besteht mindestens so lange, wie die jetzt zur Diskussion stehende Bäderlandschaft nicht realisiert ist und das Schulschwimmen nicht “rund läuft”.

Am Ende müssen, sobald die Bedarfe erkannt sind, entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, den Bedarf auch zu decken (mit Blick auf die echten Zeiten im Wasser). D.h. nicht nur geeignete (erreichbare) Wasserflächen bereitzustellen, sondern z.B. für die nötigen Aufsichten zur Erfüllung des Lehrplanes sorgen (hier: Aufgabe der Bezirksregierung). Und im Rahmen der Teilhabe müssen auch die Voraussetzungen für Förderkinder geschaffen werden. Eine Mammutaufgabe, bei der nicht über das “ob”, sondern nur über das “wie” gesprochen werden darf.

GA: Tut die Stadt genug, um die Situation zu ändern?

Was ist “genug”? 😉 Die Stadt hat sich in Bewegung gesetzt – für uns weiterhin zu langsam. Das Sport- und Bäderamt hat in den Regionalrunden klar gesagt, dass Schulschwimmen eine Pflichtaufgabe ist (zum ersten Mal so deutlich) und die Schwimmbäder zunächst dafür belegt werden müssen (ganz neue offizielle Töne). Sollte es nicht anders gehen, müssen Bürgerinnen und Bürger, sowie Vereine hinten an stehen (was niemand möchte, auch wir nicht, aber Angebote zum Schwimmen in diesem Bereich sind eben freiwillige Leistungen, keine Pflicht). Wir erkennen natürlich an, dass das Thema Schulschwimmen – gemeinsam mit den “besonderen zusätzlichen Randbedingungen (u.a. Vormittagsnutzung, Parallelbetrieb, Platz- und Zeitbedarf rund um die Wasserzeiten herum, Sicherheits- und Aufsichtsfragen, etc.). Und dies gilt nicht nur für Grund- und Förderschulen mit ihren besonderen Anforderungen, sondern auch für die weiterführenden Schulen inkl. der Randbedingungen, die sich aus der Inklusion ergeben.” (aus der Stellungnahme) – sehr komplex ist, dennoch müssen all diese Fragen schnellstmöglich geklärt werden, damit eine sinnvolle Versorgung mit an der Praxis ausgerichteten Zeiten für das Schulschwimmen funktioniert. Wir würden uns sicher wünschen – aber da wird es den Ämtern kaum anders gehen -, dass mehr Personal für diese Fragen bereit steht und dieses Personal das Problem in seiner Ganzheit betrachtet und Lösungen gemeinsam mit allen Beteiligten schafft. Man muss hier sehr dynamisch arbeiten und mitbekommen, wenn etwas anfängt aus dem Ruder zu laufen (d.h. wenn Schulen Ihre Schwimmzeiten nicht nutzen (können!)). Dann muss man steuernd eingreifen (können). Der GA-Artikel mit dem Thema “Deshalb-ist-Bonn-die-Stauhauptstadt-von-NRW” passt da z.B. auch perfekt hinein (Transport zum Schwimmbad). 🙂 Für all diese Strukturen und Prozesse gibt es einige Ideen auf verschiedenen Seiten – aber umgesetzt ist davon kaum etwas.

GA: Sie kritisieren, dass die Traglufthalle [am Friesi] zu früh abgebaut worden ist. Wie lange hätte Sie Ihrer Meinung nach bleiben sollen?

Die Traglufthalle war eine große Hilfe, um die prekäre Situation im Schulschwimmen etwas weniger prekär zu machen. Leider wurde die Halle so frühzeitig abgebaut, dass man anschließend “feststellte”, dass die Freibadsaison noch nicht begonnen hätte und daher das Friesi geschlossen blieb. Dadurch wurde rund ein Monat Zeit für das Schulschwimmen verloren. Schulschwimmen in einem Freibad zu organisieren ist immer auch wieder eine besondere Situation – z.B. sehr wetterabhängig und auch nicht mit jeder Klasse zu realisieren – so dass es ein Unterschied ist, ob man in einem Bad mit Traglufthalle Schwimmen anbietet oder im offenen Freibad. Für die Schulen war der zeitliche Ablauf in diesem Jahr ein Ausfall von mindestens 1 Monat. Wenn das Freibad nicht genutzt werden kann, läuft der Ausfall sogar auf 2 1/2 Monate vor dem Ferienbeginn hinaus. Wir verstehen, dass das Friesi als Freibad wieder genutzt werden soll, sobald die Freibadsaison beginnt. Aber wir würden uns wünschen, dass der Abbau der Halle so spät wir möglich erfolgt (man kann andere Arbeiten, die die Freibadsaison vorbereiten sollen, auch erledigen, wenn die Traglufthalle noch steht).

Die Antwort auf eine nicht gestellte Frage: Wie sieht die SSP ihre Rolle in der Diskussion?

Ja, wir ärgern uns gelegentlich über manchen “Diskussionsbeitrag” und manches Verhalten verschiedener Beteiligter. Wir bleiben dennoch konstruktiv und sachlich. Dieser Punkt ist offenbar nicht jedem in der Diskussion klar: Wir als Stadtschulpflegschaft haben eine besondere Stellung in dieser Diskussion. Wir sind das nach Schulgesetz gewählte “Mitwirkungs-Organ der Bonner Elternschaft” von Schülerinnen und Schülern in Bonn (darum steht “Damit ist aufgrund der Mitwirkungsrechte der Elternpflegschaften (nach SchulG NRW) eine Beteiligung der SSP gesetzt und unstrittig” in unserer Stellungnahme)

Wer “Mitwirkung” bei Personal- und Betriebsräten kennt, weiß, wie stark dieses Werkzeug ist. Daher tragen wir unsere Anliegen mit einer guten Portion Selbstbewusstsein vor und fordern, dass wir entsprechend behandelt und berücksichtigt werden. Und oft genug müssen wir das nicht einfordern, weil es so gehandhabt wird – aber leider nicht immer…

Das Schulgesetz definiert Mitwirkung zunächst von Lehrerinnen und Lehrern, Eltern, Schülerinnen und Schülern in vertrauensvoller Zusammenarbeit in der Schule, aber unter §72 Abs 4 wird diese Mitwirkung erweitert auf “Schulpflegschaften können auf örtlicher und überörtlicher Ebene zusammenwirken und ihre Interessen gegenüber Schulträger und Schulaufsicht vertreten”. Dabei gelten die “Grundsätze der Mitwirkung (§62 SchulG NRW)” entsprechend. Grundsätzlich unterstützt uns die Stadt Bonn in vielen Themen und Bereichen und die SSP hat seit vielen Jahren einen beratenden Sitz im Schulausschuss – was hilfreich ist, aber in vielen Fällen nicht genügt. Dennoch gibt es einzelne Themen, Fälle und Personen, bei denen das als “Entgegenkommen” verstanden wird. Das ist es aber nicht: Es ist die Erfüllung einer gesetzlichen Vorgabe! Darauf müssen wir manchmal freundlich aber bestimmt hinweisen. 🙂

Einige wesentliche Aussagen aus den “Grundsätzen der Mitwirkung” (§62 SchulG NRW) lauten:

  • (§62, Abs 4). Die in diesem Teil des Gesetzes aufgeführten Mitwirkungsgremien können im Rahmen ihrer Zuständigkeit zu allen Angelegenheiten der Schule Stellungnahmen abgeben und Vorschläge machen. Sie haben Anspruch auf die erforderliche Information. Gegenüber der Schulleitung [Anmerkung: Als SSP gegenüber den Schulträgern und der Schulaufsicht und über ihre Schulpflegschaften auch gegenüber den Schulleitungen] haben sie ein Auskunfts- und Beschwerderecht und Anspruch auf eine begründete schriftliche Antwort.
    (Anmerkung: Was als “erforderliche Information” betrachtet wird, liegt weitgehend im Ermessen der Mitwirkungsorgane selbst – nicht desjenigen, der die Information bereitstellt)
  • (§62 Abs. 5). Die Mitglieder der Mitwirkungsgremien sind bei der Ausübung ihres Mandats an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. Sie haben über Angelegenheiten, die ihrer Bedeutung nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, … Verschwiegenheit zu wahren.
    (Lies: Vertrauliche Informationen gehören ebenfalls zum “Anspruch auf erforderliche Informationen” – das ist kein Argument, Informationen zurückzuhalten! Sie sollten jedoch als “vertraulich” gekennzeichnet werden, falls das nicht unmittelbar erkennbar ist. Unter diese Vertraulichkeit fällt übrigens auch der Datenschutz – das geht Hand in Hand.)
  • (§62 Abs. 10): Die Schule stellt den Mitwirkungsgremien die notwendigen Einrichtungen und Hilfsmittel zur Verfügung

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* Aus dem Lehrplan Sport für Grundschulen (Kap. 2.4, S.116): “Jedes Kind soll am Ende der Grundschulzeit schwimmen können. ‘Schwimmen-Können’ heißt, dass es sich möglichst angstfrei ohne Fremdhilfe in schwimmtiefem Wasser zielgerichtet fortbewegen kann.” (aus https://www.schulsport-nrw.de/fileadmin/user_upload/schulsportpraxis_und_fortbildung/pdf/lehrplan_sport_grundschule01_08_01.pdf ) und aus Kapitel 5 (S.134): “Die beschriebenen Bereiche des Faches sind für den Sportunterricht in der Grundschule verbindlich. … Der Unterricht im Bereich „Bewegen im Wasser – Schwimmen“ muss auf Grund seiner Bedeutung und angesichts seiner organisatorischen Besonderheiten im Verlauf der Grundschulzeit im Umfang eines vollen Schuljahres mit mindestens einer Wochenstunde (ca. 30 Minuten Wasserzeit) erteilt werden.”


Andreas Beutgen
Vorsitzender der Stadtschulpflegschaft Bonn